Reflexionen zum Erwachen
Mein Erwachen
Auf meinem langen spirituellen Weg habe ich viele Ideen über das Erwachen gehabt. Es gab Zeiten, wo ich geglaubt habe, Erleuchtete seien vollkommen. allwissend, seien mit allen Menschen in Harmonie, seien immer in tiefem Frieden und Glückseligkeit etc. Ich glaubte, ich müßte so leben, wie der Meister war und mich 100 % im Einklang mit seinen Lehren verhalten. Dann kam ich zu einem anderen spirituellen Meister und der lehrte die Wahrheit wieder anders, hatte eine ganz andere Persönlichkeit als der vorherige Meister etc. Durch diese Vorstellungen und das Streben, die jeweiligen Lehren vollständig zu leben, wurde die Suche aufrecht erhalten. Solange man am Suchen ist, ist man am Werden und kann nie Ankommen. Es ist wichtig, dass man stop sagt und zufrieden ist, mit dem, was gerade ist.
Sri Bhagavan lehrt, es gibt so viele Wege zur Erleuchtung, wie es Menschen auf Erden gibt. Jeder hat seinen eigenen individuellen Weg. Die verschiedenen Lehren, Sadhanas und die Meister helfen uns weiter, aber der innere Meister ist der Wichtigste. Die Schau nach Innen ist unerlässlich. Das Fokussieren auf die allgegenwärtige Präsenz ist fundamental. Schon seit Jahren habe ich immer wieder zarte Wahrnehmungen der Präsenz erfahren.
Erst durch die Einzelsitzungen und Rasas mit Ramaji habe ich klar erkannt, dass ich in Einheit mit der Präsenz bin, die ich fühlte und erfuhr. Es ist, als ob du einen Ring mit einem schönen Stein hast und glaubst, es würde sich um Modeschmuck handeln. Dann sagt dir ein Experte, dass es sich um einen sehr kostbaren echten Brillanten handelt. Nun erfreust du dich sehr an dem Ring und pflegst ihn gut. Ähnlich ist es mit dem Absoluten. Wenn Du weisst, dass es das Absolute ist, was du überall fühlst, richtest du gerne deine Aufmerksamkeit darauf. Durch das Fokussieren auf die Einheit wird diese immer präsenter im täglichen Leben. Dazu musst du dich nicht verändern. Du musst nur so sein, wie Du bist. Du bist schon angekommen.
Erwachen, Person und Persönlichkeiten
So wie jeder andere Mensch haben auch die großen Meister verschiedene Persönlichkeiten. Auch sie haben einen Körper, der seine Limitierungen hat und für Krankheiten anfällig sein kann. Auch sie leben in dieser Welt mit all den Problemen. Maharishi Mahesh Yogi sagte: Solange der Mensch einen Körper hat, ist noch ein subtiler Schleier von Unwissenheit (leshavidya) vorhanden.
Der erwachte Mensch hat zwar verschiedene Persönlichkeiten wie alle Menschen, aber er hat realisiert, dass da keine Person ist. Er weiß, dass die bisherige Identifikation mit dem Körper nur auf Gedanken beruhte, aber keine Realität war. Der Ich- Gedanke, der durch Blockaden und Muster geprägt war und der Person suggeriert hat, dass sie nur der Körper ist, ist nicht mehr vorhanden. Das Leben wird nicht mehr durch eine Brille betrachtet, die von den Mustern und Blockaden eingefärbt ist.
„Die Weisheit sagt mir, dass ich Nichts bin. Die Liebe sagt mir, dass ich Alles bin. Und zwischen diesen beiden fließt mein Leben.“
Die Erfahrungen sind klar, natürlich, die Gedanken fließen frei und es ist oft ein gewisses Wohlgefühl vorhanden. Es ist ein Gefühl von mehr Lebenswert, mehr Vitalität. Das Leben wird erfahren in seiner Reichhaltigkeit und seiner Perfektion und das in all seinen phänomenalen Formen. Es ist nicht so, dass der Erwachte ein Nichts ist und die Welt existiert nicht. Er erlebt den Körper als eine Realität und erlebt die Welt als eine Realität. Er erfährt, dass Alles getragen ist von dem göttlichen Bewusstsein, von der göttlichen Energie, die letztlich Alles bewirkt, ohne die Nichts existieren kann. Er nimmt wahr, dass die göttliche Energie der Baustein seines Körpers und seine wahre Natur ist. Er erlebt hundertprozentig Absolutes und hundertprozentig Relatives.
Erwachen und Verstand
Erwachen bedeutet, dass das Leben klar erfahren wird, ohne dass der Verstand dazwischen funkt. Viele Menschen sind traumatisiert durch frühere Erlebnisse und haben keinen klaren Verstand. Die Traumata, die Ängste, die Verletzungen die irrtümlichen Wahrnehmungen und die Interpretationen, welche die Menschen aufgrund von Blockaden und Mustern gehabt haben, spielen beim Erwachten kaum eine Rolle.
Wenn du erwacht bist, siehst du die Dinge, wie sie wirklich sind. Der Verstand arbeitet klar. Er ist für dich da. Er ist wie dein Diener, aber er leitet dich nicht mehr in die Irre. Die meisten Menschen glauben an das, was der Verstand ihnen einflösst. Sie denken, wenn der Verstand sagt, du musst Angst haben, dann musst du wirklich Angst haben. In der konkreten Situation ist es vielleicht gar nicht so, weil die Angst von früheren Erlebnissen herrührt. In diese Falle tappt man nicht mehr, wenn man erwacht ist.
Wachstum nach dem Erwachen
Wenn Du erwacht bist, bist Du nicht mehr auf der Suche. Wenn Du in der Stille sitzt, musst Du nicht eine Meditationstechnik praktizieren. Du bist einfach da und erfährst die tiefe Stille und die göttliche Präsenz. Du lebst den natürlichen Zustand, sahaja. Nach dem Erwachen geht das Leben weiter. Es ist nicht so, dass man immer nur in Glückseligkeit schwebt, und das Alles einfach ist. Die Arbeit geht weiter. Eventuell muss man sogar hart arbeiten, hat großen Erfolg oder auch nicht. Aber es fragt sich, ob man die Tätigkeit als Arbeit bezeichnen kann oder als Spiel, weil Alles von selbst geht. Man versucht nicht mehr Alles zu kontrollieren und man merkt, dass man ohnehin nie die Kontrolle gehabt hat. Es funktioniert Alles wie von selbst, es geht leicht. Das Leben ist ein Fluss. Man schwimmt mit der Strömung. Das Leben fließt mühelos, wie der Fluss zum Meer.
Nach dem Erwachen ist nicht alles Glückseligkeit. Du hast immer noch dein Karma und deine Vasanas aus früheren Leben. Aber du kannst jetzt Alles klarer erkennen. Du stellst dich darauf ein, gibst dich dem Leben hin und akzeptierst es. Natürlich werden auch Misserfolge kommen und Schwierigkeiten. Vielleicht sogar stärker als vorher. Mit dem Amt wächst der Verstand. Wenn du höher entwickelt bist, werden die Aufgaben auch größer werden. Aber Du bemerkst, dass du den Problemen gewachsen bist. Du musst die Aufgaben nur akzeptieren und dich ihnen hingeben.
Wenn du Glückseligkeit und Frieden möchtest, dann passiert das auch. Es ist immer da. Du musst dem nur Raum geben. Setze dich in Ruhe hin, entspanne dich und nimm alles an. Sei einfach bei diesem Moment, sei im Jetzt und umarme alles. Dann fühlst du die Glückseligkeit und den Frieden, was immer für Turbulenzen in deinem Leben sein mögen.
Deine Probleme und deine tiefsitzenden Muster gehen nicht einfach weg. Sie verlassen dich nicht, wenn du die Ebene des Erwachens erreicht hast. Sie werden immer wieder an Dir knabbern und versuchen, sich durch die Hintertür ein zu schleichen. Du musst sehr aufmerksam sein und aufpassen, wie du handelst und wie du reagierst. Die alten Muster sind noch da, aber sie haben eine Menge von der Macht verloren, die sie mal hatten. Sie sind auf dem Weg zu gehen. Sie sind auf dem Weg zu sterben. Es ist wichtig zu wissen, dass die Entwicklung immer weiter geht. Poonjaji sagte: “Sei aufmerksam bis zu deinem letzten Atemzug.“
„Deine eigene Selbstverwirklichung ist der größte Dienst, den du der Menschheit geben kannst.“